Freitag, 8. Juli 2016

Abschied...

„TEMPU MAK HALO ITA HAMUTUK, NO TEMPU MAK HALO ITA FAHE MALU“

(“Die Zeit bringt uns zusammen und sie trennt uns wieder”)


Schweren Herzens muss ich dieses Zitat nun ernst nehmen, denn am Dienstag, den 12. Juli 2016, werde ich mein Projekt in Dili verlassen und nach Indonesien aufbrechen. Vier Wochen an sich wohl verdienter Urlaub stehen an, wenn da nicht dieser Abschiedsschmerz wäre, der meine Stimmung trübt. Ein wundervolles Jahr durfte ich hier erleben mit tollen Menschen an meiner Seite. Es war nicht immer leicht und es war oft anstrengend, dennoch habe ich hier eine große Familie gefunden, die mich wunderbar aufgenommen hat.

Meine vielen „kleinen Geschwister“ im Orphanato, die mir die Zeit unvergessen gemacht haben.

Meine vielen „großen Schwestern“ im wörtlichen Sinne, die auf mich aufgepasst und mich in ihrer Gemeinschaft haben Teil sein lassen.

Meine vielen Schützlinge im Kindergarten E. P. E. Assisi Vila Verde, die meine Nerven voll beansprucht, aber auch mein Herz zum Lachen gebracht haben.

Meine vielen „großen Brüder“ im Seminary Maloa Ailok Laran, die immer wieder aufs Neue alles Mögliche über das weit entfernte und geschichtsträchtige  Deutschland hören wollten und erst aufgehört haben, wenn sie alles verstanden hatten und sich mit mir als schlechte Volleyballspielerin Woche für Woche bemüht haben.

Meine vielen „Priesterfreunde“, die mir doch einige Ausflüge in diesem Land und in die vielen Kulturen ermöglicht haben.

Meine vielen „Freunde“ aus der FFCJM, mit denen ich jeden Samstag gemeinsam über Gott und die Welt habe diskutieren dürfen.

Meine beiden „Mitfreiwilligen“ in Viqueque, die doch immer ein offenes Ohr und vor allem Verständnis aus gleichen Erfahrungen in trüben Zeiten für mich hatten.

Und all die anderen, die ich ebenso zu meinen Freunden zähle, die mir viele schöne Stunden geschenkt haben auf dem Ramelau, in Baucau, in Oecussi, in Dili, in Viqueque, in Ebeno, in ihren Familien oder in den Kapellen.

„Laura bainhira fila Timor?“
„Laura, wann kommst du wieder?“
- Ich weiß es noch nicht, aber ich möchte unbedingt wieder kommen und am liebsten euch alle wieder sehen!

„Laura bele hela nafatin iha nee!“
„Laura, bleib doch einfach hier!“
- Das geht leider nicht. Auch ich freue mich meine Familie und meine Freunde in Deutschland wieder zu sehen und auch ich muss weiterhin die Schulbank drücken.

„Laura, hau hadomi o!“ – „Laura, au loko o!“ – “Laura, anica etutu!” – “Laura, au loim ko!"
- Ob Tetum, Mambae, Fataluco oder Baikeno: “Laura, ich liebe dich!”
Und ich sage: “Ich liebe euch alle und ich liebe dieses Land!”, doch wie es ein guter Freund gestern gesagt hat:
„Mai husi rain o sei fila-fali ba rain.“ „Du kommst aus deiner Heimat, und dahin musst du zurück.“

„Laura keta haluha ami…“
„Laura, vergiss uns nicht“
- Nein, ich werde euch und diese gemeinsame, wertvolle Zeit niemals vergessen.

„Laura reja ba ami.“
„Laura, bete für uns und dieses Land.“
- Das werde ich!

Letzten Mittwoch haben die Lehrerinnen gemeinsam ein Picknick zu meiner Verabschiedung am Strand unternommen, denn es war Feiertag. Am Montag werde ich aber noch einmal in den Kindergarten gehen. Nachher werde ich mich von meinen Freunden der FFCJM verabschieden und morgen Abend von den Kindern und Schwestern im Orphanato. Der Abschied fällt schwer, ich denke aber, auch davon werde ich auf meinem Blog noch berichten.



VIELEN DANK FÜR ALLES!

OBRIGADO BARAK! 

NO AGRADECE BA MAROMAK!


Malai Timor



P.S. Ich werde auch von meiner spannenden Reise durch Indonesien hier auf diesem Blog berichten. 

Oecussi!

Nachträglich möchte ich noch von meiner Reise nach Oecussi, die Exklave Timor-Lestes im indonesischen Teil der Insel, erzählen. Leider so verspätet, da ich in den letzten Wochen noch so viel zu erledigen hatte und momentan auch der Abschied mir ziemlich nahe geht…
Vom 22. bis zum 25. Bzw. 26. Juni war ich also zu einer Ordenasaun (Priesterweihe) eines gut befreundeten Priesters nach Oecussi eingeladen. Dafür bekam ich auch zwei Tage im Kindergarten frei und nach einigen Problemen bezüglich der Fahrt ging es dann einen Tag früher als geplant zusammen mit einigen Priestern mit einem schnellen Boot nach Oecussi. Auch das Organisieren der Hinfahrt hat wie immer typisch timoresisch sehr unzuverlässig lange gedauert, aber zum Glück hat dann doch alles und in letzter Minute geklappt. Über den Landweg konnte ich leider nicht reisen, da ich dafür ein indonesisches Visum gebraucht hätte. Mit dem Boot dauerte die Fahrt nur drei Stunden und so war ich schon mittags im „Hafen“ von Oecussi. Zwei Mal in der Woche fährt die Fähre „Berlin Nakroma“ oder „Laju Laju“  von Dili au nach Oecussi und bringt vor allem die Einheimischen zum Familienbesuch und/oder zum Einkauf in die Hauptstadt und dann am Folgetag wieder zurück. An den Arbeitstagen fährt außerdem täglich ein schnelleres Boot hin und wieder zurück, da kann man aber nicht viel Gepäck und auch keine Fahrzeuge mitnehmen.

Der „Hafen“ in Oecussi ist eine einfache Anlegestelle für das Schiff, mehr ist drum herum nicht. Die Landschaft ist wunderschön, hohe Berge direkt am klaren blauen Wasser (gut, das gibt’s hier überall, war aber trotzdem sehr schön!). Abgeholt wurden wir von einem Priester aus Pante Macassar, die Distrikthauptstadt Oecussis. 

Ankunft in Oecussi



Auf dem PickUp ging es dann erst mal zur Kirche und in der angrenzenden sogenannten „Residenz“ des Priesters gab es etwas zum Mittagessen. Komisches Gefühl ganz ohne Schwestern unter lauter Priester und teils bekannten Frathern zu essen und sich überhaupt nicht auszukennen! Aber alle waren sehr freundlich und nett.
Dann sollte es zu meiner Unterkunft gehen: ein Mädcheninternat der Dominikanerinnen, das „Colégio“. Die dominikanischen Schwestern waren an sich ja auch ganz angetan von mir, hatten jedoch ein bisschen Angst um mich, wenn die Mädels dort meine Kultur nicht kennen und andersrum. Das konnte ich nicht ganz  nachvollziehen, immerhin lebe ich hier schon einige Monate in einem Orphanato, aber was solls. Sie haben mir aber angeboten, im Anschluss an meine Freiwilligenjahr ein Jahr in diesem Internat zu leben und zu arbeiten, was ich dann doch erst einmal ablehnen musste. Der Frather, der mich zu diesem „Colégio“ gebracht hat, hat dann angeboten bei seiner Familie zu schlafen. Seine relativ wohlhabende Familie ist gerade im Aufbau von ein paar Gästezimmern und eines davon bekam ich zugeteilt. Ein Bett, ein kleines Tischchen und ein kleines Bad, mehr brauche ich nicht. Die Familie war sehr nett und herzlich und hat sich super um mich gekümmert, was ich eigentlich gar nicht erwartet hatte. Die Familie lebt dort manchmal mit bis zu 25 Leuten zusammen auf einer Wohnfläche so groß wie vielleicht unsere ganze Wohnung meiner Familie!
Am Nachmittag hatte ich die Wahl: entweder ich schlafe und ruhe mich auch oder ich begleite den Frather und ein paar andere zur Grenze, um dort alles für die Ankunft der Bischöfe, Priester und Gäste am folgenden Tag vorzubereiten. Ganz klar, dass ich mir das nicht entgehen lasse. Und so machten wir uns auf die einstündige Fahrt in die Berge zur Grenze in Oesilo. Die Straße wurde sehr schlecht und insgesamt war der Weg 24km lang. Der komplette Weg wurde geschmückt, was ich sehr beeindruckend fand. Nicht zum ersten Mal habe ich solche Dekorationen gesehen, aber zum ersten Mal eine 24km lange Strecke. Jeder Besitzer eines Grundstücks, welches an die Straße grenzt, hat im Abstand von ungefähr einem Meter Pfosten in die Erde geschlagen, die dann mit Palmblättern verbunden und mit weiteren Blättern und Blüten geschmückt wurden. Das ist unheimlich viel Arbeit und nur wegen der Bischöfe. Die Menschen sind sehr dankbar, dass diese sich auf den Weg nach Oecussi machten.
In Oesilo wurde mit der Polizei und den timoresischen und indonesischen Grenzbeamten gesprochen und alles geregelt, damit am folgenden Tag nicht so viel Zeit mit Papierkram verloren geht. Die Grenze war mehr oder weniger ein einfacher Schotterfeldweg im Nirgendwo und irgendwie passte das unkomplizierte Verhältnis zwischen den Grenzpolizisten beider Nationen ganz gut zum Ambiente. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute an dieser Grenze an normalen Tagen viel zu tun haben. Ich schaute noch ein wenig einer traditionellen Tanzgruppe zu, die dort probten und dann ging es in ein nahe gelegenes Kinderheim, welches von Schwestern geleitet wird. Dort wurde bei frittierten Bananen, Kaffee und Tee der nächste Tag besprochen und das Mittagessen genau geplant, welches die Bischöfe und die Priester dort einnehmen sollten. Erst gegen 21.00 Uhr kehrten wir dann nach Pante Macassar zurück. Im übrigen wird in Oecussi „Baikeno“ gesprochen, eine Sprache, die ich beim besten Willen nicht verstand… Aber ein paar Sätze habe ich mir gemerkt! Tetum ist die allgemeinte Amstsprache, aber die meisten lernen als erstes ihre Muttersprache wie Baikeno in Oecussi, Mambai in Ermera, Maubisse und Aileu oder Makassae in Baucau und Ossu. Insgesamt gibt es in Timor-Leste aber 15 dieser anerkannten Nationalsprachen.

Bei den Proben



Der nächste Tag begann früh, denn der Frather wollte mir den Sonnenaufgang am nahegelegenen Meer zeigen, welcher auch wirklich sehr schön war. Nach dem Frühstück in seiner Familie hatte ich mal wieder die Wahl: entweder ich beschäftige mich selbst oder gehe ans Meer baden, oder ich komme mit zur Grenze und schaue mir die Ankunft der hohen Gäste an. Auch das ließ ich mir nicht entgehen und wurde in das Auto der Ministerin dieses Distrikts gesetzt. Ein sehr modernes Auto mit lauter wichtigen Personen und ich mittendrin! Hatte wirklich was für sich und ich kam mir teilweise auch vor wie eine besonders wichtige Person, weil ich so behandelt wurde. Als endlich das Spektakel an der Grenze beginnen konnte, war es schon Nachmittag. Schulklassen waren dort versammelt und standen mit Fahnen wedelnd am Rand. An der Grenze wurden traditionelle Tais an die Bischöfe übergeben, es wurde getanzt und getrommelt und eine Ansprache gehalten. Dann ging es zum Mittagessen zu den Schwestern und anschließend im Autokorso flankiert von der Polizei hinunter nach Pante Macassar. An die Autos der Bischöfe schloss sich das Auto der Ministerin an, in welchem auch ich saß. Zwei Mal musste auf der Strecke noch angehalten werde, da noch einmal getanzt wurde und eine Drumband einer Schule für die Gäste aus Dili trommelte. Das spiegelte alles die Kultur der Baikeno wider.
Erschöpft kam ich an der Kirch an, konnte mich dann aber auch nicht mit gutem Gewissen Ausruhen gehen, denn es fand noch eine Hochzeitmesse statt. Man stelle ich vor, dort wurden 104 Paare vom Bischof aus Dili getraut! War insgesamt eine sehr unpersönliche Zeremonie, wenn ich es mit einer Hochzeitsmesse in Deutschland vergleiche, dennoch ein lohnenswertes Erlebnis.

Der Sonnenaufgang


Die Kinder im Orphanato in Oesilo


Bei der Willkommenszeremonie


Die drei Bischöfe aus Dili, Baucau und Maliana



Am Freitag, den 24. Juni fand dann die Ordenasaun in der Kirche „Igreja Paroquial de Nossa Senhora do Rosario de Oecussi – Numbei“ statt. Die Kirche ist wirklich schön und wurde erst neu gestrichen. Auch dort konnte ich wieder von meinem Frather profitieren, der mich einfach in der schon voll besetzten Kirche auf die Empore zum Chor schleuste. Den besten Blick auf das Geschehen hatte ich definitiv! Die Messe ging fast 4 Stunden und zwei neue Priester wurden so in ihr Amt geweiht. In der Messe trugen dann die jeweiligen Familien Geschenke in die Kirche, unter anderem zwei Ziegen, was mich sehr erheiterte. Eine davon meckerte ein wenig und ein Frather aus dem Seminary Balide, der neben mir saß, meinte nur: „die Ziege weint“.
Im Anschuss gab es ein riesen großes Festbuffet für die geladenen Gäste. Es aß jeder für sich und dann verschwanden schon die ersten Gäste wieder, was für mich als Deutsche nicht ganz nachvollziehbar ist. In unserer Kultur wird gerne noch beisammengesessen, darauf wird hier sehr wenig Wert gelegt. Und dann hatte ich mal wieder die Wahl: entweder ausruhen gehen oder ich schließe mich der „Stadtrundfahrt“ der Priester an. Auch hier klar, dass ich mir das nicht entgehen lasse. Das alles habe ich Frather E. zu verdanke, der herzlich eingeladen ist bei uns zu Hause zu wohnen, sollte er wirklich wie geplant bald nach Deutschland kommen.
Dieser Rundfahrt folgten lauter wichtige und ranghohe Staatsleute und Kirchenleute. Und ich … Wir besichtigten ein ganz modernes E-Werk, eine große neue Brücke, die gerade im Bau ist und deren Bauleitung den Portugiesen unterliegt und einen neuen Sportplatz.
Ein anderer Frather sollte mich anschließend mit dem Motorrad in meine Unterkunft bringen, doch ich war ja noch nicht in Lifau und wer Lifau nicht gesehen hat, der war nicht in Oeussi! So die Worte von Frather L. Also gut so führte mich der Weg noch nach Lifau an diesem Tag. Das ist der Ort, an dem damals 1515 die Portugiesen auf Timor landeten. Dort befindet sich ein Denkmal und ein großes Schiff mit ein paar Figuren, was die Bedeutung dieses Ortes unterstreicht.  Auch meine Schwestern aus dem Orphanato in Dili habe ich dort wieder getroffen, die zusammen mit einem Priester den Ort besuchten. Anschließend ging es aber wirklich in meine Unterkunft zum Duschen! Nach dem Abendessen war ich eigentlich ziemlich müde, bin dann aber doch der Einladung von unserem neuen Priester gefolgt und bin mit einigen anderen Priester noch zu seinem Elternhaus gefahren. Dort wurde extra für uns noch ein vollständiges Abendessen gekocht und ich war doch schon satt… Der Höflichkeit halber musste ich so also das zweite Abendessen innerhalb von zwei Stunde zu mir nehmen. Mit einem vollen Magen ging es dann sehr spät zurück mit dem Ziel: Schlaf!

In der Messe




Mit den neuen Priestern





Bei der anschließenden Rundfahrt


Lifau






Samstag. Nach längerem Hin und Her ging ich nicht zur Messe, sondern mit dem kleinen Bruder des Frathers zum Ticketkaufen für die Rückfahrt. Nicht wie geplant mit dem schnellen Boot, sondern mit der Fähre sollte es um 15.00 Uhr zurück gehen. Die restliche Zeit verbrachte ich in meiner Gastfamilie, die mir auch ein Lunchpaket kochte für die Heimfahrt. 13 Stunden dauerte diese und erst am Sonntagmorgen um 4.00Uhr kam ich wieder in Dili an. Interessant war der Transport der vielen Hähne auf der Fähre! Ansonsten habe ich die Zeit mit Kartenspielen zusammen mit den Frathers aus Balide und Fatumeta herumbekommen, denn Schlafen hat nicht so gut funktioniert. In Dili mussten wir noch eine Stunde auf ein Taxi warten, aber zum Glück war ich nicht allein. Nach der Messe und dem Frühstück habe ich dann nur noch geschlafen!

Eine kürzlich restaurierte Kapelle 
aus der Zeit der Portugiesen


In Oecussi gibt es sogar richtige Straßen...


Mein kleine "Gastschwester"


... und die restliche "Gastfamilie" (ein paar zumindest)


Transport der Hähne auf der Fähre




Sonnenuntergang von der Fähre aus




Ich glaube, Oecussi zählt definitiv zu meinen Lieblingsorten in Osttimor. Sollte ich eines Tages wieder kommen, wird allerdings alles nicht mehr so sein wie jetzt. In Oecussi wird ein internationaler Flughafen gebaut und in Zukunft soll hier eine Sonderzone entstehen mit viel Tourismus. Kaum vorzustellen in der kleinen Exklave, wo selbst die Haupstadt Pante Macassar einem kleinen Dorf gleicht… 

Dienstag, 31. Mai 2016

14 Jahre Timor-Leste!

Ohjeeee fast einen ganzen Monat nichts geschrieben! Wird aber jetzt höchste Zeit!
Die letzten Wochen war ich sehr mit dem Schreiben meines dritten Zwischenberichts beschäftigt sowie mit dem sehr umständlichen Besorgen des deutschen Visums für einen Freund, der für ein Jahr nach Deutschland als Freiwilliger kommen wird. Auch sonst ging alles seinen mehr oder weniger gewohnten Gang, daher kam mein Blog etwas zu kurz.


14 Jahre Timor-Leste!

Am 20. Mai war Unabhängigkeitstag in Timor-Leste, was insgesamt sehr groß aufgezogen wurde. Schon einige Tage zuvor wurden vor wirklich jedem Haus ein kleiner Fahnenmast aufgestellt mit der Landesflagge. Offizielle Gebäude wurden mit langen farblich passenden Stoffbahnen geschmückt. Viele Rollerfahrer montierten eine kleine Fahne am Lenker, ähnlich den deutschen Autofahrern wenn große Fußballspiele anstehen. An diesem Freitag wurde in der Messe die Nationalhymne gesungen, was mich schon sehr gewundert hat. Und anschließend wurde im Seminary die Fahne gehisst. Alle standen in Reih und Glied mit verschränkten Händen vor dem Haus. Eine kleine Gruppe Frathers marschierten mit der Fahne ein, dann gab es eine Ansprache zur Geschichte des Landes und dem Gedenken der Opfer. Nach einem Lied wurde dann feierlich die Fahne gehisst und anschließend stolz und erhobenen Hauptes die Nationalhymne gesungen. Ich kam mir etwas fehl am Platz vor, musste jedoch genauso mitsingen. Die Kinder aus dem Kinderheim gingen an diesem Tag in die Schule, um dort feierlich die Fahne zu hissen, anschließend hatten sie jedoch frei.
Ich besuchte zusammen mit zwei sehr guten Freunden deren Familie. Ursprünglich kommen beide aus Maubisse, doch deren Bruder sowie eine Schwester leben in Dili. Es war ein schöner Tag und ich habe mich sehr wohl gefühlt bei den Familien, welche sich auch sehr über meinen Besuch freuten. Nette Gespräche entwickelten sich und es wurde lecker gekocht.


Picknick am Strand

Letzten Sonntag machten wir mit dem gesamten Kinderheim einen Ausflug mit Picknick am Strand an der Cristo Rei. Nach der Messe wurden noch ein paar Hühner (ich weiß nicht, wie viele es waren) geschlachtet und gekocht. Insgesamt waren wir 23 Leute, so mussten wir drei Mal mit dem Auto dorthin fahren, was einiges an Zeit beanspruchte. Ich ging mit den beiden Kleinsten aus dem Kinderheim hoch bis zur Statue, was deren erster Besuch dort war und schon nach der Hälfte jammerten sie „Laura, Laura, wir können nicht mehr. Lass uns umdrehen!“. Aber nichts da! Und wir kamen nach kurzem Verschnaufen wirklich auch oben an.
Auch habe ich die nähere Bekanntschaft mit einem Seeigel machen dürfen. Das Wasser war sehr klar an diesem Tag, doch zwischen den Steinen habe ich ihn wohl nicht gesehen und hatte promt seine Stacheln im Fuß stecken. Mit einer Nadel haben wir die Stacheln dann sozusagen rausoperiert. Eine wirklich schmerzhafte Begegnung kann ich nur sagen, die ich jetzt noch deutlich spüre.
Mittags gab es dann Mie goreng, Reis, Hühnchen, Gemüse und Tomaten und zwischendrin als Snack frittierte Linsenküchlein und Donuts, die wir am Vortag schon gebacken hatten. Für die Kinder war es ein wirklich toller Tag, eine willkommene Abwechslung zum stressigen Alltag und die vielen Spiele und das Baden machte ihnen viel Spaß.






 

Donnerstag, 5. Mai 2016

Maliana und Baucau

Die letzten Wochen waren sehr arbeitsintensiv und es gab kaum Zeit zur Ruhe zu kommen. Umso erfreuter war ich, als Sonntag vor zwei Wochen im Anschluss an die Messe mich ein Priester fragte, was ich denn an diesem Tag noch vorhabe. Ich solle mit nach Maliana kommen. Wir würden aber erst am Montag zurückkommen und da ich montags arbeiten muss, habe ich diesen Gedanken auch gleich verworfen. Habe dann aber doch meine Schwestern gefragt und es war gar kein Problem, denn eine unserer Schwestern ist auch mitgekommen. 
Was wir in Maliana genau machen wusste ich nicht und wer alles mitkommt auch nicht und nach timoresischer Verspätung von zwei Stunden fuhren wir mit zwei PickUps, zwei Priestern, einem Diakon und ungefähr 20 Frathers los. Nach anfänglichem Regen habe ich mich durchgesetzt und durfte mit den Frathers hinten auf der Ladefläche mitfahren, was ein wunderschönes Gefühl ist bei Sonnenschein entlang der Küste und fantastischem Ausblick auf Berge, Meer und Inseln. Die Fahrt ging erst fast bis zur indonesischen Grenze und dann landeinwärts bis Maliana im Distrikt Bobonaro. Insgesamt dauerte die Fahrt fünf Stunden. Wir wurden mit Kaffee und Cassavas als Snack auf einem Festplatz begrüßt, auf welchem großes Treiben war. Unzählige Stühle waren aufgestellt, Zelte aufgebaut und alles dekoriert. Und ich wusste immer noch nicht, was hier für eine Veranstaltung stattfinden soll. Die Schwester und ich bezogen ein Gästezimmer in einem ganz neuen Haus der Diözese. Während dem Abendessen auf dem Festplatz traf ich viele ehemalige Frathers aus dem Seminary wieder, was uns alle sehr freute und schöne Gespräche mit sich brachte.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück gab es eine kleine Prozession, in der die drei Bischöfe des Landes (Dili, Maliana und Baucau) einliefen. Und später fand dann auf dem Festplatz eine sehr lange Messe statt. Unzählig viele Priester waren anwesend und der Grund war die „Ordenasaun“ eines neuen Priesters. Er wurde in sein Amt eingeführt und hat seine Ausbildung zum Priester beendet. In Zukunft werden noch mehrere solche Feiern im ganzen Land stattfinden, einige dieser neuen Priester kenne ich auch sehr gut.
Im Anschluss gab es ein großes leckeres Festessen mit aufgeführten Tänzen und Liedern und dann ging es eigentlich auch schon zurück. Um 14.00 Uhr wollten wir zurück fahren, da aber die Priester noch ein Meeting hatten wurde es sehr spät und wir waren erst gegen 22.30 Uhr wieder zu Hause.

So habe ich mal eine ganz andere Ecke von Osttimor gesehen. Die Stadt Maliana liegt ein bisschen in einer Ebene umgeben von hohen Bergen. Ganz in der Nähe befindet sich die Grenze zu Indonesien und vielleicht sagt dem einen oder anderen der Film „Balibo5“ etwas. Balibo ist eine Ortschaft nahe der indonesischen Grenze und nah an Maliana, in welcher am 16. Oktober 1975  durch indonesische Soldaten fünf ausländische Fernsehjournalisten ermordet wurden, die sogenannten Balibo Five. Diese Fünf filmten an diesem Tag von der Festung in Balibo aus und kamen dabei ums Leben. Es gibt heute noch die Überreste dieser Festung und das „Balibo-Hotel“ in welchem Touristen sich über das Ereignis informieren können.

Eine Übersicht:


Gästehaus der Diözese in Maliana



Unser Priester und eine Freiwillige aus Australien


Die geplante Kathedrale in Maliana (sehr kreativ!)


In der Messe






Abendessen bei der Rückfahrt







Letztes Wochenende fuhr ich mit dem Bus nach Baucau. Dort wohnen zwei deutsche und gut befreundete Freiwillige einer anderen Organisation, welche aber im Mai schon zurück nach Deutschland fliegen. So besuchten Lisa und Sophia aus Viqueque und ich die beiden über das Wochenende. Früh morgens fuhr ich mit dem Microlet nach Becora zum zentralen Busplatz für Busse nach Viqueque, Lospalos, Baucau, Manatuto und Manufahi. Dort geht es immer wild zu denn die Busfahrer versuchen natürlich dich in ihren Bus zu zerren… Aber das habe ich gut überstanden war auch nach nur 15 Minuten Wartezeit auf dem Weg nach Baucau. Nach nur 2,5 Stunden (Ich hatte mit vier gerechnet) war ich dort im Seminario Planalto angekommen, wo ich ein paar Freunde noch kurz besuchen wollte. Das hat sich leider ziemlich hinausgezögert, denn ich nahm noch am Mittagsgebet in der Kapelle teil und musste dann auch zum Mittagessen bleiben, aber zumindest wurde ich dann mit dem Auto zum Haus der Freiwilligen gefahren. Dort kaum angekommen machten wir uns auf zum Wataboo-Beach. Wir mieteten ein Microlet und nach ungefähr 45 Minuten Fahrt durch Baucau, Palmenwäldern und am Strand entlang waren wir da. Traumhafte und unberührte, zumeist menschenleere Strände kann man in Timor-Leste noch finden und sehr genießen! Wir verbrachten den Nachmittag dort und wurden am Spätnachmittag vom Microlet wieder abgeholt.
Baucau ist die zweitgrößte Stadt Timor-Lestes und man spürt, dass die Portugiesen sehr präsent waren. Der Aufbau der Stadt ist nämlich „europäischer“ wenn ich das so sagen kann, aber eine wirklich nette Stadt. Am Sonntagmorgen machten wir einen Abstecher ins örtliche Freibad. So etwas erwartet man in diesem Land wirklich nicht, ist aber auch noch aus der Kolonialzeit übrig. Das Bad wird durch eine Quelle gespeist. Und dann war es auch schon an der Zeit den Rückweg anzutreten, um abends noch in Dili ein Microlet nach Hause zu erwischen. Auch wenn es kurz war, war es ein schöner Ausflug!

Wataboo-Beach



Reisfelder



In Baucau


Das Freibad




Samstag, 23. April 2016

Mal wieder ein kleiner "Überblick"

Gerade sitze ich hier im Aufenthaltsbereich unseres Hauses mit meinem Laptop und wende immer wieder meinen Blick auf die vor mir sitzenden Kinder. Es ist still und alle schreiben konzentriert, doch eigentlich sind doch Ferien! Da aber auch in den Ferien effektiv gelernt werden sollte, wurde ein „Orphanato-Examen“ angekündigt. Nun haben die Kinder die letzten Tage fleißig Mathe gelernt, eine Schwester hat sich Aufgaben für das Examen ausgedacht und ich mache nun sozusagen die Prüfungsaufsicht, schreibe die Namen der Kinder auf, die sich unterhalten und werde morgen alles korrigieren. Gerade haben die Kinder zwei Stunden Zeit, einen Zeitungsartikel abzuschreiben. Erst fragte ich mich auch, was das soll. Doch laut den Lehrern in der Schule können die Kinder nicht gut schreiben. Also werde ich morgen auf Ordentlichkeit, Lesbarkeit und Rechtschreibung die Hefte korrigieren. Später nach dem Mittagessen kommt dann noch Mathe dran, aber soweit ich informiert bin, beschränkt sich das auf das Einmaleins. 
Noch kleines Update nach mittlerweile 50 Minuten:
- drei Kinder haben gesprochen, davon zwei sogar mehrmals
- die ersten sind leicht erschöpft und schütteln die Hände
Das Examen meiner zwei Erstklässlerinnen besteht allerdings aus dem Schreiben ihres Namens und das Abschreiben der Zahlen eins bis zwanzig. Die beiden sind schon fertig und helfen nun in der Küche.
Ansonsten helfe ich während der Ferien momentan morgens im Garten. Denn das Gras ist in der Regenzeit unglaublich schnell gewachsen und da wir von Hand das ganze Gras raus rupfen, dauert das schon ziemlich lange. Ich glaube aber, die Regenzeit ist nun vorbei!




Komische Besucher gibt es gerade auch viele...




Im Kindergarten hatten wir letzte Woche schon Ferien, also insgesamt zwei Wochen. Die Lehrerinnen mussten letzte Woche aber trotzdem kommen und die Zeugnisse der Kinder schreiben. Es gibt vorgedruckte Hefte, in welche die Daten der Kinder eingetragen werden und dann für jedes Trimester eines Schuljahres die Leistungen des jeweiligen Kindes. „Kaderneta“ heißt ein solches Heft. Manches ist zum Ankreuzen; wie gut ein Kind etwas schon kann aber es gibt auch auszuformulierende Kommentare. Meine Aufgabe war; das komplette Zeugnisheft in ein dickes Buch abzuschreiben. Meiner Meinung nach eine sinnlose Aufgabe, da in diese Bücher nie reingeschaut wird, es viel Zeit kostet und das Ganze ist mehr als anstrengend. Immer dasselbe abzuschreiben und dadurch an einem Morgen maximal 2 Hefte zu schaffen, ist wirklich anstrengend und macht schlechte Laune… Die armen Lehrerinnen, die zu Hause die ganzen restlichen Hefte noch abschreiben müssen!
Ansonsten macht mir der Kindergarten aber richtig Spaß. Immer mehr unterrichte ich selbst, auch die morgendliche Geschichte lese ich mittlerweile vor. Das ist eine kurze Bildergeschichte mit kurzen Texten, jedoch um die Kinder wach zu halten werden immer wieder Fragen gestellt: „Wie heißt Marias Freundin?“ und „Welche Farbe hat der Schmetterling?“. Hatte ich mich bisher immer nicht so recht getraut, aber läuft jetzt echt gut.
Vor 3 Wochen war auch ein Fotograf im Kindergarten, denn für die Zeugnisse und andere Dokumente benötigen wir immer Passbilder mit rotem Hintergrund von den Kindern in Schuluniform. Auch Klassenfotos wurden geschossen.



Das Bild lässt sich hier leider nicht drehen,
aber das ist meine Klasse (Orchid A1) mit 51 Kindern,
auf dem Bild sind aber sieben krank...




Letzten Freitag war wieder Kulturnacht im Seminary. Geplant war diese schon eine Woche vorher, wurde aber einen Tag zuvor abgesagt. Sowas würde in Deutschland nicht funktionieren; eine relativ öffentliche Veranstaltung wegen anderer (auch schon länger stehenden) Termine abzusagen. Mit meiner Gruppe FFCJM studierten wir traditionelle Tänze ein und probten viel bis uns dann ein Tag vor der tatsächlich stattfindenden Kulturnacht abgesagt wurde. Und warum? Weil die Schwestern unsere Gruppe von 26 Leuten nicht angemeldet hatten und für eine so große Tanzgruppe kein Platz gewesen wäre… Das war sehr ärgerlich für alle. Und so tanzten und sangen nur die Kinder. Ich durfte aber trotzdem ein traditionelles Kostüm tragen, wie ihr auf den Bildern sehen könnt. Ausgeliehen hatte ich die einzelnen Teile von den Schwestern.
Die Frathers führten wie auch schon beim letzten Mal verschiedene Sketsche, Tänze und Lieder vor und nach den Präsentationen wurde ausgelassen getanzt.



Beim Üben



Meine Mädels im Orphanato



Traditionelle Kleidung Mann und Frau



Letzten Sonntag machte ein gut befreundeter Priester mal wieder einen Ausflug mit allen Kindern an den Strand. Insgesamt quetschten wir 18 Leute in das Auto mit eigentlich nur fünf Sitzplätzen! Unvorstellbar bei den ganzen deutschen Vorschriften! Vor allem sind die beiden Kleinsten bei der Rückfahrt auf meinem Schoß eingeschlafen und ich hatte Angst, dass sie sich was brechen, wenn wir durch ein Schlagloch fahren und die Köpfe herumfliegen. So hatte ich in jedem Arm ein Mädchen und versuchte jeweils mit einer Hand den Kopf zu stützen… Wir kamen heil an! Und der Ausflug zum Ulmera Beach in Liquica war sehr schön und entspannt.


Meine beiden "Kleinen"; halten mich immer auf Trab


Ziiiiiegen!







Was ich auf meinem Blog bisher glaube ich noch gar nicht erwähnt habe: ich unterrichte jetzt jeden Abend Deutsch seit ein paar Wochen. Ein guter Freund darf als Freiwilliger für ein Jahr nach Deutschland kommen, muss aber schon etwas Deutsch können. Es ist unglaublich schwer Deutsch zu lernen aber noch schwerer es gut zu unterrichten! Vor allem wird mir immer wieder bewusst, was für Gestaltungsmöglichkeiten mit unserer Sprache haben. Tetum ist da so einfach und oft bildlich. Ich habe letztens zusammen mit einer Schwester einen Aufsatz zum ethischen Thema „Moris nebe diak – Was das Leben gut macht“ geschrieben.  Auf Deutsch könnte man das so gut ausformulieren und schnell hätte man eine Seite zusammen. Das ist alles sehr beschränkt im Tetum und es war mühsam eine Seite zusammen zu bekommen. Alle möglichen Aspekte hatten wir genannt, im Deutschen hätte ich da locker sieben oder acht Seiten geschrieben. Mitte Juli wird dieser Freund aufbrechen und bestimmt werde ich ihn oder er mich in Deutschland einmal besuchen.

Soweit hier nun der aktuelle Stand der Dinge! Gar nicht mehr lange dauert es, bis ich Mitte Juli nach Indonesien reisen werde um Urlaub zu machen und anschließend im August in die Heimat zurückkomme…

Herzliche Grüße aus dem „Prüfungsraum“

Eure Laura