Die letzte Woche durfte ich im Projekt der Franziskanerinnen
in Viqueque bei meinen Mitfreiwilligen Lisa und Sophia verbringen. Ich habe
dort sehr viel erlebt und freue mich, heute einen etwas längeren Eintrag in
meinem Blog zu veröffentlichen!
Aber von Anfang an. Letzten Donnerstag stand ich um 7.00 Uhr
startbereit vor dem Kinderheim in Dili. Der Bus kam aber erst nach 8.00 Uhr und
so musste ich noch eine ganze Weile warten. Als er dann endlich kam, wurde mein
Gepäck eingeladen und los ging die Fahrt. Eigentlich war nicht geplant, dass
ich allein nach Viqueque fahre. Doch die Schwester, die hätte mitkommen sollen,
musste kurzfristig wegen eines Meetings da bleiben und so fuhr ich allein. Der
Bus hatte ungefähr 25 Sitzplätze, doch als wir noch über 2,5 Stunden durch Dili
fuhren, um Leute und Einkäufe einzusammeln, hätte man locker jeden Platz
doppelt belegen können! Der Gang war komplett vollgestellt mit Gepäck,
Reissäcken, Kochtöpfen, Taschen und sonstigem, alle Sitzplätze waren belegt,
das Dach war vollgepackt und nicht jeder
hatte einen Sitzplatz. Einige Männer mussten sich an die Türen (die sowieso
nicht geschlossen werden) „hängen“ ; sie standen also mit einem Bein im Bus und
hielten sich mit einer Hand im Türrahmen fest, der Rest hing quasi außerhalb
des Busses. Wiederum andere fanden auf dem Dach zwischen dem vielen Gepäck
Platz. Das klingt sehr verrückt und das war es auch wenn man bedenkt, dass die
Fahrt ungefähr neun Stunden andauerte! Ich hatte aber einen Sitzplatz und neben
mir saß eine junge Frau mit einem ungefähr vier Jahre alten Mädchen auf dem
Schoß. Es war wirklich sehr eng und unsere Beine und Arme berührten sich die
ganze Zeit und das Mädchen kletterte auf die ganze Zeit auf uns herum. Das war
aber noch nicht alles, was die Fahrt anstrengend machte. Dadurch dass ich am
Fenster saß, war mein rechter Arm die ganze Fahrt über in der Sonne und bekam
dementsprechend einen heftigen Sonnenbrand. Die Musik im Bus war auf
allerhöchster Lautstärke und die Bassboxen so extrem aufgedreht, dass der ganze
Bus theoretisch hätte hüpfen müssen. Dann dazu noch die Straßenverhältnisse,
die immer schlechter wurden, umso weiter man sich von Dili entfernte und die
extreme Hitze. Die Fahrt ist es wirklich wert, als Abenteuer benannt zu werden.
Die Straße ging irgendwann in eine reine Schotterpiste über. Man kann das wirklich
kaum beschreiben, wie wir da durch die Berge auf notdürftig angelegten
Schotterstraßen eher kriechend gefahren sind. Durchgeschüttelt, verschwitzt,
müde und voller blauer Flecken wurde ich gegen 19.00 Uhr in Viqueque dann im
Projekt der Franziskanerinnen raus gelassen. 8 Dollar kostete die Fahrt. Und nach dem
Abendessen ging ich auch sofort schlafen.
Tag zwei startet vielversprechend, denn ein Fest stand an. Gefeiert wurde zum einen die Gründerin der Franziskanerinnen Mutter Clara Pfänder und zum anderen eine Aspirantin, die zur Novizin aufstieg (ein höheres Stadium auf dem Weg zur Ordensschwester). Ich half mit Lisa bei den Vorbereitungen für das Fest. Zur Feier des Tages wurde ein Schwein geschlachtet und alle mussten beim Zerteilen der Stücke helfen. Bananenblätter wurden auf den Boden gelegt, die Fleischstücke darauf und alle saßen drum herum und schnitten Unmengen an Speck und Fleisch klein.
Zwischen durch durfte ich den Affen füttern, der dort in einem kleinen Käfig haust. Kokosnussstücke gibt man ihm in die Hand und mit einer Plastikflasche gibt man ihm zu trinken. Eine nette Sache eigentlich, aber ich finde, der Käfig ist leider viel zu klein…
Um 17.00 Uhr fand dann die Messe in der Kapelle im Schwesternhaus statt. Ich begleitet die Messe mit der Querflöte zusammen mit einer Schwester am Keyboard. Anschließend gab es dann das Festessen, was aus den verschiedensten Varianten von gebratenem Speck und Suppe vom Schweinefleisch bestand. Die ganze restliche Zeit, die ich in Viqueque war, wurden dann übrigens die Reste von diesem Festessen gegessen. Die Kinder aus dem Orphanato führten noch ein Tänzchen vor und dann klang der Abend beim gemütlichen Zusammensitzen aus.
Zum Projekt: in Viqueque befindet sich das Schwesternhaus, ein Orphanato, in welchem momentan Sophia arbeitet und ein Internat, in welchem Lisa arbeitet, doch das Internat hat momentan Ferien. Im Orphanato wohnen derzeit neun Kindern, welche aber alle etwas jünger als die Kinder bei mir im Orphanato sind. Das Asrama (Internat) ist für Kinder gedacht, die zu weit auf dem Land wohnen, und keine Möglichkeit haben, die Schule zu besuchen. Allgemein ist auffällig, umso weiter man aus der Hauptstadt raus kommt, umso ärmer wird die Bevölkerung. Viqueque ist die fünftgrößte Stadt Timor-Lestes, doch eigentlich hat die Stadt eher Dorfcharacter und bietet nicht viele Möglichkeiten. Auf dem Land gibt es vereinzelt Ansammlungen von Häusern, doch weit und breit ist keine Schule oder ähnliches erreichbar und daher werden viele Kinder ins Internat geschickt. Ich frage mich, womit die Menschen hier eigentlich ihre Familien ernähren, die meistens um die zehn Kinder haben, denn Arbeit gibt es kaum außerhalb der Städte und selbst dort nur begrenzt.
Am Samstag fuhren wir dann an die Südküste, um Baden zu gehen. Eine sehr nette Geste, denn die Schwestern meinten, wenn ich schon mal hier bin, müssen sie mir auch das Meer im Distrikt Viqueque zeigen. Vormittags machte ich noch mit Lisa einen kleinen Stadtspaziergang durch das übersichtliche „Ue-Queque“. Nachmittags fuhren wir dann mit einigen Schwestern und Mitarbeiter mit dem Pickup zum Strand. Die Fahrt dauerte über eine Stunde und war ziemlich lustig hinten auf dem Pickup. Viele Menschen rufen einem Weißen auf der Straße „Malae Malae“ hinterher, was eigentlich „Ausländer“ bedeutet, aber es ist nicht böse gemeint, eher eine, manchmal freudige, Feststellung. So auch auf dem Weg durch die Dörfer zum Strand.
Dort angekommen erwartete uns ein wunderschöner, menschenleerer, feiner Sandstrand, schöne schattenspendende Palmen und das klare Meer. Dies stellte sich aber als ziemlich kraftvoll mit hohen Wellen heraus. Die Südküste ist im Allgemeinen aber stürmischer als die Nordküste bei mir in Dili. Zwischendurch picknickten wir mit Nudeln und frischen Kokonüssen und blieben sogar bis zum Sonnenuntergang. Durch die Dunkelheit ging es dann die ganze Strecke wieder zurück und man konnte einen klaren Himmel mit tausenden Sternen über uns sehen und sogar die Milchstraße war zu erkennen!
Sonntags ging es in die Messe in die große und ganz neue Kirche in Viqueque. Wir fuhren mit den Kindern aus dem Orphanato mit dem Bus der Schwestern zur Kirche. Nach der Messe wurde ich mit „Bondia Laura“ angesprochen und vor mir standen einige bekannte Gesichter aus Dili. Die Jungs aus dem Seminary sind momentan ja in den Ferien bei ihren Familien und einige kommen wohl auch aus Viqueque. Den restlichen Tag verbrachten wir dann mit den Kindern lernend und spielend im Orphanato. Eigentlich gehört zu den Aufgaben der Freiwilligen noch an naheliegender Kindergarten, doch wegen der Feiertage war dieser geschlossen und ich konnte ihn leider nicht besuchen. Aber ich werde bestimmt noch einmal die Fahrt nach Viqueque auf mich nehmen.
Eigentlich war schon am Sonntag Allerheiligen, aber in Viqueque wurde dieser Feiertag erst am Montag begangen. Wir machten uns auf zum Friedhof, wo eine Messe stattfand. Anschließend wurden viele Kerzen auf den Gräbern angezündet und Blumen verteilt, was diesen Ort sehr erhellte in der Abenddämmerung.
Dienstag verbrachte ich dann wieder im Orphanato und abends gegen 10 Uhr ging es mit dem Bus zurück nach Dili. Wir fuhren die ganze Nacht unter denselben Verhältnissen wie bei der Hinfahrt und daher war an Schlaf nicht zu denken… Um 6.00 Uhr morgens kam ich an fiel sozusagen ins Bett. Doch sobald ich im Bett war, wackelte alles furchtbar! Das war keine Einbildung, sondern ein ziemlich heftiges Erdbeben! Zwei Mal rumpelte es noch an diesem Mittwoch, dann war es aber vorbei zum Glück.
Nun habe ich diese Woche stark gekürzt, doch alles andere
würde den Rahmen meines Artikels sprengen und so wünsche ich viel Spaß beim
Ansehen der vielen Bilder und freue mich natürlich über jede Mail aus
Deutschland! :)
Die "Hauptstraße" Viqueques
Der Affe
Vorbereitung für das Festessen
Fahrt an die Südküste
Strand in Viqueque
...und ganz frische Kokosnüsse vom Baum!
Musste natürlich mal in einem traditionellen Fischerboot sitzen
Und der wunderschöne Sonnenuntergang
Die neue Kirche in Viqueque
Und dann auch noch bekannte Gesichter in der Messe
Die Kinder im Orphanato
Allerheiligen auf dem Friedhof mit tausenden von Blumen und Kerzen!
...und dementsprechend viele Menschen
Im Text gar nicht genannt, aber durchaus erwähnenswert: unsere leckere (improvisierte) Pizza am Dienstag
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